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Agile Tranformation in der Schule oder wie gewinnt man 170 höchst selbständige Profis dafür, sich eine Veränderung zu eigen zu machen?

Ausgangslage

Die Primarschulen im Kanton Baselland sind mit der Einführung des Lehrplans mit den Kompetenzen, mit der Umstellung der Fremdsprachen auf Französisch und Englisch, mit er Umstellung der Volksschule von 2/5/4 (2 Jahre Kindergarten/ 5Jahre Primarstufe/ 4 Jahre Sekundarstufe I) auf 2/6/3, der Einführung neuer Fachbereiche (ICT, Physik, Chemie, Berufswahlbegleitung…) und der kompletten Neuorganisation der speziellen Förderung (ergänzende Förderung für Kinder mit Lern- und/oder Verhaltensschwierigkeiten) im Regelunterricht in einer längeren Transformation. Seit 2015 werden die Kinder aufsteigend unter den neuen Rahmenbedingungen beschult. Die Kinder, die 2015 in den Kindergarten eingetreten sind, sind zur Zeit in der vierten Klasse.

Analyse

Im Folgenden versuche ich anhand der Anwendung der Core Drives der Gamification (Octalysis) auf den Entwicklungsprozess der Primarstufe Liestal zu analysieren (in der Annahme, dass auch ein gesamter Change die Elemente beinhalten sollte), die Optionen zu benennen und mögliche Experimente anzudenken sowie die weiteren Modelle des Lean Change als Möglichkeiten einzubauen.

Epic Meaning and Calling (grundlegende Bedeutsamkeit und Berufung): Die Bedeutsamkeit der Bildung und die innere Mission die Kinder im Unterricht zu bilden und weiterzubringen ist bei den Lehrpersonen grundsätzlich hoch. Sie fühlen sich dem Auftrag, den es zu erfüllen gilt, hochgradig verpflichtet. Die Verbundenheit mit dem Schulhaus und der Schule über die eigene Klasse hinaus stellen wir über das Qualitätsleitbild, die Leitungsvision und die Strategieziele des Schulrats her. Die Lehrpersonen waren an der Ausarbeitung des Qualitätsleitbilds beteiligt. Der Lehrplan mit seiner Orientierung auf die Kompetenzen hin ist grundsätzlich gut akzeptiert. Entwicklungspotenzial gering aber dranbleiben

Development and Accomplishment (Fortschritt und Erreichtes): Dieser Bereich ist meiner Einschätzung nach am stärksten unterversorgt. Die Lehrpersonen können die Lernfortschritte ihrer Klassen meist nicht einfach erkennen und müssen sich an kleinen Fortschritten freuen. Da die Messbarkeit hier nicht grundsätzlich gegeben ist, sind die Daten für eine Erfolgsmessung anspruchsvoll zu generieren.  Es entsteht leicht das Gefühl des ewigen Drehens im Hamsterrad. Eine Möglichkeit Erfolge festzustellen wären Experimente (zu lösende Knacknüsse aus dem Unterrichtsalltag), deren Erfolg mit einer Messgrösse versehen mit den Kindern direkt gemessen werden könnte. Die Schule kennt ein analoges System aus der Unterrichtsentwicklung (Luuise). Mögliche Experimente: Hier besteht die Absicht, Luuise in Zukunft als Q-Entwicklungsinstrument einzuführen. Ansonsten ist ein datengestütztes Feedback mit klaren quantitativen Ergebnissen eine Möglichkeit. Diese Grundlagen bestehen bereits, werden von den Lehrpersonen jedoch zu wenig genutzt, die muss reaktiviert und vertieft werden. Entwicklungspotenzial hoch

Empowerment of creativity and Feedback (Befähigung zu Kreativität und Feedback): Der Beruf der Lehrperson ermöglicht und erfordert viel Kreativität. Die Lehrpersonen sind laufend gefordert, die Kinder in ihrer Entwicklung in Richtung der gewünschten Kompetenzentwicklung zu fordern und zu fördern. Die Feedbackkultur an unserer Schule besteht, ist jedoch gemäss externem Audit noch ausbaufähig. Option: Die Lehrpersonen haben also in diesem Bereich eine grosse Autonomie im Rahmen ihres Berufsauftrags und hätten die Instrumente und die Anregung und Verpflichtung zum Einholen von Feedback von den Schülerinnen, deren Eltern und den Peers sowie der Schulleitung. Experiment: Information und Schulung bezüglich der Instrumente und Möglichkeiten (grünes Feedback, be easy to follow) zum Feedback. Entwicklungspotenzial mittel

Ownership and Possession (Eigentümerschaft und Aneignung): Dieser Punkt ist bei den vielen Neuerungen nicht in jedem Fall gelungen. Die Aneignung der verlangten Neuerungen durch die Lehrpersonen ist unterschiedlich. Hier zeigt sich klar die Verteilung auf die Movers, Movable und Immovables. Hier tanzt noch nicht die ganze Schule mit. Wir greifen die Themen immer wieder in Gesprächen auf und haben verschiedene Gefässe um dies zu diskutieren und auch die Bedenken aufnehmen zu können. Diese Entwicklung benötigt Zeit und kann doch nicht ewig dauern, da die Schülerinnen und Schüler darauf angewiesen sind, dass ihnen die Neuerungen auch zugute kommen. Die Resistance gewisser Lehrpersonen bezieht sich jedoch eher auf die Überforderung alles gleichzeitig anzupassen als in einem grundsätzlichen Widerstand gegenüber der Neuerungen. Option: Hier ist die Form des Lean Coffee allenfalls eine geeignete Methode. Experiment: Wir üben die Methode in der Schulleitung und wenden diese dann in einem freiwilligen «Feierabendgespräch» mit den Lehrpersonen an. Entwicklungspotenzial hoch

Social influence und relatedness (soziale Einwirkungsmöglichkeit und Verbundenheit-Validierung): Hier bewähren sich auf jeden Fall die Arbeit in den Qualitätszirkeln und die pädagogische Kooperation unter den Lehrpersonen. Es bestehen also die Gefässe Themen zu platzieren, sich mit andern abzusprechen und die eigenen Vorgehensweisen sozial zu validieren. Option: Einführung der Troika als ein Tool für kurzfristige und kurzzeitige Beratung. Experiment: Einführung in meinem Schulhaus. Entwicklungspotenzial mittel

Scarcity and impatience (Verknappung und Ungeduld): Dies ist für uns wohl die schwierigste Baustelle. Lehrpersonen verzichten in der Regel noch so gerne auf Aktivitäten, welche über die Klasse hinausgehen, da diese ihnen scheinbar immer Zeit für den eigentlichen Auftrag wegnehmen. Option: Verknappung des Schulraums Experiment: Verstärkte Kooperation der Lehrpersonen dank notwendiger Absprachen bezüglich des knappen Schulraums Entwicklungspotenzial hoch mit einigem Risiko

Unpredictability and curiosity (Unvorhersehbarkeit und Neugierde): Diesen Punkt bedienen wir im Enwicklungsprozess zur Genüge. Auch die politischen Rahmenbedingungen verändern sich während des Spiels. Hier ist also grosse Agilität gefragt und die Lehrpersonen müssen bei der Stange gehalten werden. Durch das hohe Commitment gelingt dies immer wieder. Option: Einbezug und Mitsprache sind hier wichtige Instrumente. Experiment: Die Gremien der Mitwirkung und Einflussnahme immer neu aktivieren. Entwicklungspotenzial mittel

Loss and avoidance (Verlust und Vermeidung): Die Arbeitsplatzsicherheit hilft den Lehrpersonen sicher die Unsicherheiten auszuhalten und dabei zu bleiben. Es sind jedoch die immobilen Mitarbeitenden, die dennoch mit Verlustängsten zu kämpfen haben, diese beziehen sich jedoch einerseits auf ihre Rolle, die sich durch die Neuerungen stark verändert und andererseits dem Verlust der Wissensvorherrschaft. Besonders unsichere Lehrpersonen verharren im Bekannten und müssen hier gestärkt werden, dass Fehlermachen eine erlaubte Praxis – auch für Lehrpersonen – ist. Option: Das Prinzip des Experiments als grundlegende Handlungsweise implementieren. Experiment: Lehrpersonen gewinnen, diesmal anhand eines Lean Change Circles auszuprobieren. Entwicklungspotenzial hoch

Fazit

Die Aufstellung zeigt die Möglichkeiten die Schul- und Unterrichtsentwicklung der Schule Liestal im Bereich der Gamification der Entwicklung schön auf und macht die Felder mit den grössten Potenzialen deutlich. Der nächste Schritt im Sinne einer Agile Transformation ist es nun in diesen Feldern Optionen zu definieren und Experimente dazu zu starten.