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Stop starting, start finishing!

Seit drei Jahren arbeite ich als Bereichsleiterin am Heilpädagogischen Zentrum Hagendorn (HZH). Das HZH ist eine Non-Profit-Institution für rund 120 Kinder und Jugendliche mit geistigen und mehrfachen Behinderungen aller Ausprägungen. Als Bereichsleiterin verantworte ich die personelle, pädagogische, organisatorische und administrative Führung meiner Bereiche. Zusätzlich bin ich Mitglied der Geschäftsleitung und für die Führung der gesamten Institution mitverantwortlich.

Unsere Institution organisiert sich nach einer funktionalen Struktur. Viele Entscheidungen werden auf Leitungsebene getroffen, wobei die Mitarbeitenden nur teilweise einbezogen werden. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass diese Organisationsstruktur für unsere Institution nur noch teilweise wirkungsvoll ist. Aufgrund veränderten Bedingungen müssen viele Entscheidungen rasch gefällt und Projekte zügig beendet werden können. Unserer heutige Organisationsstruktur verursacht immer wieder Rückdelegationen, was zu langen Entscheidungswegen, einem hohen Workload bei vereinzelten Personen und Frustrationen führt. Die Geschäftsleitung hat den Änderungsbedarf erkannt und möchte die Führungs- und Zusammenarbeitskultur mit den Mitarbeitenden agiler gestalten (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1. Veränderung der Führungs- und Zusammenarbeitskultur

Quelle: F. Laloux, 2016, S. 157

Die im Unterrichtsmodul Kanban/Lean durchgeführte Simulation der Schiff-Bau-Produktionsstrasse konnte in kurzer Zeit einige wesentliche Punkte aufzeigen, weshalb ich in meinem zweiten Blog den Möglichkeiten von Lean und Kanban etwas näher auf den Grund gehen möchte.

Kanban bietet Unternehmen eine Methoden ohne lange Einführung und komplizierte Tools. Mich spricht besonders an, dass sich die Methode nach den Bedürfnissen der Institution anpassen lässt und individuell genutzt werden kann. Dies wiederum stellt auch eine Herausforderung dar. Jedes Unternehmen welches sich für Kanban entscheidet, sollte die Offenheit mitbringen, das Kanban-Board mit jedem Team individuell zu erarbeiten und hier immer wieder in den Reflektionsprozess zu gehen à Kapieren statt kopieren 😉

Die Simulation der Schiff-Bau-Produktion hat gut aufgezeigt, dass sich «Missstände» mit Hilfe von Kanban in Ablaufprozessen identifizieren lassen. Dadurch können Prozesse optimiert oder Ressourcen gezielter eingesetzt werden. Für unsere Arbeit am HZH könnte ich mir eine erste Einführung auf Geschäftsleitungsebene im Rahmen unserer Projekte und zur Strukturierung der Sitzungen vorstellen.

Einen ersten Test konnte ich in unserer Geschäftsleitungssitzung bereits durchführen. In der letzten Sitzung arbeiteten wir mit einer visualisierten Struktur nach den Rubriken Parkplatz, Plan, Do, Done. Alle Traktanden wurden mit einer Zeit eingegeben. Als Hilfsmittel zur Zeitüberwachung setzten wir einen Time Timer ein. Der Time Timer verhinderte längere Diskussionen, was nicht bei allen Sitzungsteilnehmer auf Zustimmung traf. Viele Sitzungsteilnehmer konnten jedoch Positives aus der Strukturierung mitnehmen. So waren alle Sitzungsteilnehmer die ganze Zeit über sehr konzentriert und engagiert eingebunden. Einige Traktanden wurden vertagt, da die Zeit nicht ausreichend eingegeben wurde. Einige Traktanden wurden in ein anderes Sitzungsgefäss verschoben, da die anwesende Personalkonstellation nicht zweckdienlich war. Alle Traktanden konnten bearbeitet oder eine Person konnte die Verantwortung für die weitere Bearbeitung des Traktandums übernehmen. Unsere Sitzungszeit konnte an diesem Tag halbiert werden.

Ich werte diesen ersten Versuch als Erfolg. Um weitere positive Schritte machen zu können bedarf es eine regelmässige Reflektion und die Bereitschaft zur Veränderung. Folgende Fragestellungen könnten unterstützend wirken:

  • Was ist unseren Kunden wichtig?
  • Wie kann ich meine Kollege:in bei der Arbeit unterstützen bevor ich etwas Neues beginne?*
  • Was soll verändert werden? Mit welchem Parameter kann diese Veränderung messbar gemacht werden?

*Geplante arbeiten werden nicht im System aufgestaut, sondern davor (Parkplatz) à late commitment. Änderungswünsche sollen so möglichst vor der Verarbeitung erhoben werden. Wird die Arbeit begonnen, soll sie so rasch wie möglich fertiggestellt werden, um die Durchlaufszeit zu erhöhen.

Dieser Denkanstoss hat bei mir einiges ausgelöst. Ich sehe darin ein hohes Potenzial unsere Projekte und teilweise auch Abläufe auf den Wohn- und Lerngruppen (vgl. Bericht: Das erfolgreiche Bespiel des Kantonsspitals Basel) zu strukturieren.

Befasst man sich mit Lean, bin ich überzeugt, dass wir bei unseren stabilen, sich wiederholenden Abläufen sehr von diesem Ansatz profitieren können. Die Literatur gibt vor, dass sich die zwei Managementansätze Lean und Agile Organisationen in ihren Werten und Führungsphilosophie sehr ähnlich sind und Elemente ausgetauscht werden können. Man sollte sich jedoch dem Ziel der Methode immer bewusst sein. Grundsätzlich denke ich, dass der agile Ansatz, welcher vorgibt:

  • dass Menschen und Interaktionen im Zweifel wichtiger sind als Prozesse und Werkzeuge
  • funktionierende Ergebnisse im Zweifel wichtiger sind als umfassende Dokumentationen
  • die Zusammenarbeit mit dem Kunden im Zweifel wichtiger sind als Vertragsverhandlungen
  • das Reagieren auf veränderte Rahmenbedingungen im Zweifel wichtiger ist als das einfache Befolgen eines Plans

für die übergreifende Institutionszielsetzung der passende ist.

Literatur:

Laloux, F. (2016). Reinventing Oranizations – Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der

Zusammenarbeit. München: Vahlen

Felder, P. (2021). Kursunterlagen – Vergleich Lean Management und Agile Organisationen. Luzern

Leopold, K. (). Kursunterlagen –  Kanban in der Praxis.

Alkalay-Loher, M., Kämpfer, M. & Walker D. (). Kursunterlagen –  Das erfolgreiche Beispiel des Kantonsspital Baselland macht Schule – Lean Bettenstation: die 7 Taktiken zum Erfolg