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Bestandesaufnahme – wie agil ist unser Team?

Doris Kubli und ich führen ein Team von 11 Fachexperten resp. Projektleitenden in der Berufsbildung. Wir beide haben zwei Rollen, Führungsperson und Projektleiterin – seit anfangs August 2018. Unsere gemeinsame Absicht ist es, das Team agiler zu „führen“.

Wo steht das Team aktuell?

Das Team leistet Entwicklungs- und Projektarbeit. Aufgrund von Veränderungen (Transformation 4.0, Kundenbedürfnisse) überarbeiten sie die Berufslehren im öffentlichen Verkehr oder entwickeln neue Produkte (Lehren, Fachausbildungen). Sie haben oft komplexe Aufgabenstellungen zu meistern.

Ich beurteile die folgenden Erfolgsfaktoren in Bezug auf unser Team:

  • Rollenklarheit: Mittels Stellenbeschrieben und Zielvereinbarungen werden die Aufgaben bei den Mitarbeitenden geklärt. Es zeigt sich jedoch in verschiedenen internen Diskussionen, dass die Aufgaben und Kompetenzen und damit die Erwartungshaltung der Firma gegenüber dem Entwicklungsteam geklärt werden müssen. Sie sollen „Eierlegende Wollmilchsäue“ sein, die Innovationspotential frühzeitig erkennen, Kunden Strategie konform beraten, Projekte professionell führen, qualitativ hochstehende Produkte mit wenigen finanziellen und personellen Mitteln entwickeln und die internen und externen Abnehmer befähigen und so alle glücklich machen. Mission impossible… vor allem mit dem aktuellen Arbeitsvolumen.
  • Interpersonale Zusammenarbeit: Die Einbettung im Team ist für die meisten zentral, da sie oft als Einzelkämpfer unterwegs sind. Desksharing hat ihre diesbezügliche Befindlichkeit negativ verschärft. Sie schätzen die punktuelle Zusammenarbeit sehr und sind sehr hilfsbereit. Oft gibt es aber stressige Momente, wenn sie sich inhaltlich auf Produkteebene abstimmen müssen und einen gemeinsamen Konsens finden müssen. Dies manifestiert sich in oft in den Teamsitzungen, die alle zwei Wochen vormittags stattfinden. Traktanden werden in eigener Verantwortung eingegeben, die Sitzungsleitung wechselt. Jede/r Mitarbeitende/r hat ein Ressort und übernimmt so auch Führungs- oder Koordinationsaufgaben für das ganze Team.
  • Lernorientierung: Das Team ist grundsätzlich offen für Neuerungen: Eine gewisse Müdigkeit und Überforderung macht sich aufgrund der vielen Änderungen (mehrere Projekte aus der Strategieumsetzung) bemerkbar. Die VUCA-World (Umgang mit Veränderungen) habe ich seit anfangs Jahr alle 1 bis 2 Monate thematisiert, Massnahmen wurden gemeinsam abgeleitet.
  • Informeller Austausch im Team: Die gemeinsamen Kaffeepausen oder Mittagessen werden sehr geschätzt und gesucht. Immer wieder organisieren die Mitarbeitenden auch einen Apéro, der bei allen auf offene Ohren stösst.

Wie werden wir agiler?

Die aktuelle Situation ist teilweise unbefriedigend. Grundsätzlich schätzen die Produktmanager/innen ihre Arbeit und das Team sehr. Die Arbeitslast (zu viel auf einmal, endlose Abstimmungsprozesse) ist jedoch das grosse Thema, wie auch wieder die jüngste Mitarbeitendenzufriedenheitsumfrage gezeigt hat.

Rollenklärung

  • Rollen- statt Stellenbeschrieb: Rollenbeschriebe sind auch durchlässig, sprich sie sind nicht „fix“ und abgrenzend zu verstehen, wie manchmal Stellenbeschriebe ausgelegt werden. Aus meiner Sicht macht es Sinn, zwischen Projektleitende (explorative Arbeit) und Produktmanager (operative Arbeit, Bereich KVP) zu unterscheiden. Es sind unterschiedliche Typen Menschen mit verschiedenen Stärken, die es pro Funktion braucht. Die Rollen müssen auch ggü einer GL transparent gemacht resp. ein gemeinsames Bild erarbeitet werden.

 Selbstorganisiertes Team

  • Führungs- und Koordinationsaufgaben aufs ganze Team verteilen: Bereits jetzt haben die Teammitarbeitenden sogenannte Ressorts, Koordinationsaufgaben (z. Bsp. Finanzen), die sie fürs gesamte Team übernehmen.
  • Kurzer Teamaustausch statt lange Sitzungen: Geplant haben wir nun wöchentlich eine Stunde Temaustausch statt alle zwei Wochen eine halbtägige Teamsitzung. Hier müssen wir jedoch noch unterscheiden zwischen „Stand ups“, also Übersicht und Planung von aktuell laufenden Aufgabenpakete und Austauschrunden zur Meinungsbildung. Jeder übernimmt hier Verantwortung, dass seine «Statusberichte» aktuell sind und er sich an die gemeinsamen Regeln hält.
  • Boards“ statt Papier: keine Traktandenliste und Protokolle mehr, die niemand liest. Kanban-Boards pro übergeordnete Teamaufgabe / Projekt scheinen für unsere Aufgaben hilfreich (siehe meine Ausführungen weiter unten).
  • Stärken-orientierte Teams: Teams in Subgruppen oder durchlässige „Bubbles“ (crossfunktional: unterschiedliche Stärken..) zusammensetzen, die ihre Arbeiten / Projekte selber verteilen und organisieren. Idealerweise haben wir solche „Bubbles“ pro Berufswelt, also für die handwerklichen Berufe, die Berufe „Büro und Kunden“, die MINT-Berufe und die übergeordneten Aufgaben. Fokus ist aber dabei, One Team“ zu sein mit der Idee, über den Tellerrand hinaus zu schauen.
  • Selfrecruiting statt verordnete Arbeitsgruppen: Warum rekrutieren die Mitarbeitende pro «Bubble» ihre Teammitglieder nicht selber? Warum werden die Projektmitarbeitende jeweils vermeintlich richtig ausgewählt? Die Arbeitsgruppe weiss ja selbst, was sie am ehesten braucht.

Interpersonale Zusammenarbeit

  • Regelmässige Teamretrospectiven statt punktuelle Feedbackrunden: Wir hatten bereits Feedbackschlaufen, aber zu wenig regelmässig. Teamretrospektiven, d.h. Feedbackrunden zur Zusammenarbeit einführen; idealerweise geschieht dies anhand der gemeinsam definierten Werten. Ganz im Sinne: Never stop learning…
  • Meinungsbildung statt lang anhaltende Diskussionen: eine Meinung bilden mit dem Ziel eine „konsente“ Lösung zu finden. Das heisst, nur noch berechtigte Einwände gegen die bestehende Lösung werden diskutiert, ansonsten gilt die formulierte Lösung. Dies braucht Disziplin!
  • Unsere Haltung: Unser genseitiges Vertrauen ist zentral; das gibt psychologische Sicherheit. Der Satz dazu ist mir geblieben: „Wer etwas sagt, dem wird nichts getan“.
  • Informeller Austausch fördern: wie bis anhin…

Welche Methoden unterstützen unser «agiles» Team?

Team führen ist von gestern – Team sich selber organisieren zukunftsführend. Das heisst, ich muss auch andere Methoden einführen, die das Team unterstützen. Folgende sehe ich:

Konstruktive Kontroverse:

  • Wozu? Ist eine Methode, die Konflikt- und Problemlösung unterstützt
  • Geeignet? Ja – oft haben wir die Herausforderung, eine konsolidierte Lösung zu generieren. Es gibt viele unterschiedliche Perspektiven, wie z. Bsp. Kundensicht, interne Umsetzung, Wirtschaftlichkeit, die wir „zusammenführen“ möchten. Besonders gefallen hat mir, dass man sich in die andere Perspektive versetzen muss, hilft sehr für das gegenseitige Verständnis.

Impact-Mapping

  • Wozu? Übersicht / gemeinsames Zielbild und Handlungsfelder für ein eher strategisches Thema erzeugen.
  • Geeignet? Ja – wir haben oft Abstimmungsprobleme zwischen der Geschäftsleitung / Strategie und was dies effektiv für die Entwicklung neuer Produkte konkret heisst. So haben wir aktuell den Auftrag, einen Innovationsprozess (siehe CAS-Projektarbeit) einzuführen. Hilfreich wäre nun, sich erstmals zu fragen, wozu wir Innovationsmanagement einführen.

Passion Modell

  • Wozu? Standortbestimmung um herauszufinden, ob ein Team agil unterwegs ist.
  • Geeignet? Ja – allerdings würde ich diese Standortbestimmung pro Teammittglied machen lassen und dann die Selbsteinschätzungen zu einem Bild zusammenfügen. Vielleicht wäre die Anwendung dieses Modelles ein guter Einstieg in Richtung agile Organisation. So sind erste „Hebel“ erkennbar.

Retrospective

  • Wozu? Feedback abholen und Hypothesen zu Verbesserungen ableiten. Agil heisst nun, dass ich Feedback-Loops nun häufiger durchführe als erst ganz am Ende eines Projektes oder eines Bildungsganges.
  • Geeignet? – Jein. Die vorgestellte Methode ist jedoch sehr umfassend und braucht Zeit und Geduld. Im Projek- oder hierarchisch geführten Team sehe ich die Häufigkeit bei max. einmal pro Monat. Sinnvoll scheint mir auch eine Kombination von eventuell zwei Methoden, eine kürzere (siehe „Retr-o-mat“, https://retromat.org/de/?id=18-7-66-103-104) und diese hier.

Kanban

  • Wozu? Bringt Ordnung in anfallende Projekte oder Aufgaben, hilft zu priorisieren und fokussieren, visualisiert gut und schafft ein gemeinsames Verständnis. Ist geeigneter, wenn die Planung durch äussere Einflüsse öfters gestört wird und die Aufgabe / das Projekt durch eine dafür definierte Arbeitsgruppe (nicht fixes Team) umgesetzt werden muss.
  • Geeignet? – Ja. Kanban kann bei login für unterschiedliche Ideen umgesetzt werden: Portfoliomanagement („Flight Levels“ gemäss Klaus Leopold), Abstimmungsprozess für Team übergreifende Aufgaben wie z.  Bsp. Einführung neuer Sicherheitsregeln bei allen Berufen und in der Projektplanung in einzelnen Projekten. Da wir viele Teilzeit-Angestellte haben, eignet sich Kanban besser.

SRUM

  • Wozu? Agile Methode für Produktentwicklung, nicht nur in der IT-Welt; klare Regeln und Wertehaltungen helfen, strukturiert, transparent und kooperativ zusammen zu arbeiten, komplexe Anforderungen in kleinere Bestandteile zu unterteilen und die Qualität und die anvisierte Vision zu überprüfen resp. zu sichern. Mit der Auslieferung von Teilleistungen, die dem Kunden aufgezeigt werden, kann laufend sichergestellt werden, dass der erhoffte Mehrwert generiert wird und das Produkt ein Erfolg wird.
  • Geeignet? – Jein. In reiner Form sehe ich aktuell die Umsetzung bei login eher weniger. Zu viele politische Abhängigkeiten und Störfaktoren ändern aktuell den Projektverlauf. Normalerweise kann kein Team ungestört über längere Zeit in nur einem Projekt tätig sein. Die Wertehaltungen oder die Idee der Reviews oder Retrospectiven können aber auch gut bei uns im Team umgesetzt werden.

Zusammenfassung

Es gibt viel zu tun… ab Januar 2019 packen wir es an, begleitet von einem agilen Coach. Der gemeinsam gezeichnete Flip zur Teamzusammenarbeit hilft mir, den Überblick zu behalten.

Das Zusammenspiel der drei „Systeme“  – Team, Produktentwicklung, Stakeholder – muss fluid und gut aufeinander abgestimmt sein.Jedes einzelne System muss gepflegt und gefördert werden, damit der Output (Zufriedenheit, Qualität) erhöht werden kann.

Immer gilt: Der Mensch steht im Fokus, Werte müssen gelebt werden.

 

 

 

 

 

 

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