Pit Zurkirchen hat uns im letzten Modul auf erfrischende Art viele Modelle und Methoden erläutert, welche ich immer noch am Verdauen bin. (NB : LC1 ist ein probiotisches Jogurt und kann während der Lektüre die Verdauung dieses Blogs unterstützen 😊).
Change in Organisationen erlebte ich bis jetzt nur als ein Herumschrauben an der Aufbauorganisation. Auf die Frage, wie die Ablauforganisation aussieht, hiess es «Da hat sich nichts geändert, jeder macht das, was er vorher gemacht hat»….?
Eine Überlebensstrategie auf Teamstufe war dann, herauszufinden wie es nun «wirklich» ist. Man hat aufgrund von Beobachtungen (Insights) Annahmen getroffen (Hypothesen) und dann versucht aufgrund bestem Wissen und Gewissen U-Boote (Experimente) zu starten um zu sehen (Reflexion) welchen Impact das U-Boot hat. In dem Sinn habe ich bereits eine Art Lean Change Management betrieben. Ohne es zu wissen, einfach auf natürliche Art.
Ich denke das ist das, was Pit meint: Agil sein steckt schon als Kind in uns, wir haben es einfach verlernt so zu handeln. Mit dem nun erhaltenen Wissen, gehe ich bewusster und strukturierter an das nächste U-Boot …ich meine Experiment…heran. Im Hoffen, dass ich durch Reflexion und Analyse der Resultate gezielter einen Nutzen erlange kann.
Veränderung: Kann ich jemanden verändern?
Nein. Ich kann nur mich verändern. Pit hat anhand eines Beispiels gezeigt, wie man durch Anpassen der Verhältnisse eines Menschen, sein Verhalten beeinflussen kann und somit seine Haltung stimuliert. Dadurch ist die Hoffnung gross, dass der Betroffene seine Haltung in die gewünschte Richtung verändert. Ich nehme diesen Rat gerne in meinem agilen Rucksack mit und will bei der nächsten Irritation durch ein Individuum potentielle Baustellen seiner Verhältnisse abwägen.
Veränderung steuern: Lean Change Management (LCM)?
LCM basiert auf einem nichtlinearen und iterativen Vorgehen. Bei diesem Modell geht es primär nicht darum die Veränderung zu steuern, sondern durch Feedbacks auf den Impact der Veränderung zu reagieren. Bei diesem Prinzip habe ich Parallelen zu anderen Methoden erkannt. Z.B dass der nichtlineare Prozess des LCM ähnlich wie beim Design Thinking den Menschen als Betroffenen einbezieht und mit Fragen stellen und durch Experimente resp Prototyping neue Erkenntnisse gewonnen werden. Der Prozess gleicht einer liegenden Acht (Infinity=unendlich) und erinnert dabei auch stark an das Prinzip der Retrospektive und von Scrum.
Insights: Hier geht es darum, über Feedbacks von Betroffenen Einsichten zu gewinnen. Erste Voraussetzung ist, dass die Mitarbeiter dazu bereit sind. Zweite Voraussetzung ist eine offene und ehrliche Feedback- und Lernkultur. Pit sagt zurecht, wenn niemand erscheint (z.B. bei einem offenen Austausch) kann das auch ein Feedback sein (kein Interesse, Information nicht erhalten, keine Bereitschaft für einen Austausch,… usw ).
Eine interessante Erfahrung für mich war die Übung mit der HotSeat-Methode. Ich war überrascht, wie viele wertvollen Einsichten dabei zu Tage kamen. Aus Erfahrung denke ich, dass auch mittels Retrospektiven viele Ideen gesammelt werden können.
Options: Hier ist es zentral, die erhaltenen Einsichten genau zu analysieren. Wo ist für einen Change am meisten Potenzial vorhanden? Kann man ein Clustering der Themen bilden und welcher Gewinn ist zu erwarten.
Experiments: Wie starte ich ein Experiment?
Wie einleitend erkannt, kann man bei einem Menschen nicht seine Haltung ändern. Aber man kann versuchen, über die Verhältnisse das Verhalten zu beeinflussen. Aus dieser Einsicht (Insight) heraus möchte ich ein Experiment in meinem Team starten. Konkret: Aktuell ist wenig kreativer Output während unseren Meetings vorhanden. Ich generiere deshalb ganz spontan eine Hypothese anhand einer nützlichen Sprachschablone:
Dies würde dann etwa so lauten:
-Wenn wir die Sitzordnung und Bestuhlung im Projektraum ändern,
vermuten wir, dass der Austausch im Team viel natürlicher und inspirierender wird.
Wir stellen den Erfolg mit einem Feedback-Thermometer fest. (Achsen: Persönliche Zufriedenheit in Funktion der erarbeiteten Resultate)
Um den Product Owner und den Scrum Master in das Experiment einzubeziehen, erstelle ich ein Plakat und präsentiere ihnen damit mein Vorhaben:
Das gemeinsame Auswerten des Feedback-Thermometers wird zeigen, ob die Hypothese eingetroffen ist.
SCARF-Modell (David Rock)
Es ist spannend, wenn Neurologen unser Verhalten im Alltag aufgrund von Hirnprozessen erklären. Je nach Typ Mensch reagieren wir in Stresssituationen mit Flucht, Kampf oder Erstarrung.
Nach der einführenden Theorie (Belohnung versus Bedrohung) hat Pit uns aufgefordert, jeder für sich eine Rangliste von Status, Certainty, Autonomy, Relatedness und Fairness zu erstellen. Welche dieser sozial wichtigen Domänen muss bei mir belohnt resp erhalten sein? Oder anders ausgedrückt, welche Domäne darf am wenigsten bedroht oder in Konflikt stehen, damit ich handlungsfähig bleibe?
Ich habe erkannt, dass der Treiber Status für mich am meisten Gewicht hat. Bedrohung geschieht dann, wenn ich durch Worte in meiner Existenz als Mensch in Frage gestellt oder ausgeschlossen werde. Diese verbale Verletzung lässt mich in die Defensive gehen, hin bis zur Erstarrung. Gemäss den Hirnforschern wird die Region im Hirn aktiviert, welche auch bei körperlicher Verletzung aktiv wird. Wird man körperlich schwer verletzt, so kann man verbluten. Reagieren ist also lebenswichtig. Um nun in der Verletztheit richtig zu handeln und mein Gehirn wieder in die Leistungszone zu bringen, habe ich mir nun ein Konzept überlegt wie ich agieren kann: Muster erkennen, körperlich gerade Haltung einnehmen und dem Agressor mit sicherer und ruhiger Stimme antworten (Connecting Mindset lässt grüssen).